Ür Frustration, 2023
große Ür Frustration – vorher wars konkreter, 2020/23
Öl auf Leinwand, 145 x 290 cm
mittlere Ür Frustration – vorher wars konkreter, 2021/23
Öl auf Leinwand, 145 x 95 cm
Ür Frustration – vorher wars konkreter, 2020/23
Öl auf Leinwand, 185 x 135 cm
Frustrations Drehscheibe 2019/23
Öl auf Holz, Nagel 70 x 70 cm
» Instagram: Frustrations Drehscheibe Video 25.01.23
Dilemma
Matten Vogel (MV) ist mir seit 35 Jahren vertraut. Am 16.11.22 ging es nach Jüterbog. Dort hat MV sein Atelier. Man benötigt von Berlin aus etwa eine Stunde mit dem PKW. Die Absicht war, neue Bilder von MV zu schauen. Mir gefiel auf Anhieb das große zentrale Gemälde „große Ür Frustration“, das noch nach Farben roch. „Die ganze Zeit kocht es in mir. Ich lasse meine Wut an ihnen aus.“ Diese zwei Sätze von MV gingen mir durch den Kopf. Übersichtlich sind einige große bunte Gesten auf dem querformatigen Bild angeordnet. Ungewöhnlich! Erst danach hat man Muße, die Farbfelder auf sich wirken zu lassen. Die bunten Gesten sind fast alle in Längsrichtung gemalt. Es macht was her, wie Grünungen, Weißtöne oder hervorstechende Bräunungen gewählt sind. „Das ist ja wie früher“ rutscht es mir so heraus. Meine bald 40-jährige Promotion ist zu neuem Leben erwacht. Mehr noch: Stella, Pollock oder Twombly scheinen wieder auferstanden zu sein. Für einen Großteil des Publikums sind sie nur noch identifizierbar. „Das ist ja ein Stella.“ Zuweisungen, indem man ihren Namen nennt, gehören dazu. Sie entfalten sich vor meinem geistigen Auge, während ich auf das großartige Bild von MV schaue: Nur keine Ablenkung. MV hat ein nuanciertes Gemälde vollbracht. Das unterscheidet ihn von Stella: Unerschrockenheit gepaart mit Bildintelligenz. „Was kostet denn das Gemälde?“ MV holt sein Handy heraus. Jedes seiner Bilder ist verzeichnet. Er nennt mir einen vierstelligen Betrag. (Zur Berechnung des Preises hat MV eingegeben: Höhe + Breite mit dem Faktor des Künstlers multipliziert. Den Faktor bestimmt letztendlich der Galerist bzw. der Kunstmarkt, also 10 oder 100 oder 1.000 oder 10.000 und so weiter. Was unter dem Strich dabei herauskommt, ist der Verkaufspreis.) Das kleine und große Format; das kleinere ist natürlich günstiger. „Du bist zu billig. Mal 20 bist schon gegangen, wegen meiner auch 100.“ Damit bin ich wieder bei meinem Lieblingsthema, der Machtfrage von Kunst. Überteuert, das wollen wir beide nicht. Aber die landläufige Praxis sieht leider anders aus. ‚Wir da unten und die da oben,‘ Semjon / Galerist, Hansa / Kurator, et cetera. Stella, Pollock oder Twombly und andere bestimmen den Kunstmarkt. Gelangen von ihnen mal Bilder auf den Kunstmarkt, hat man es mit einem unerschwinglichen Betrag zu tun. Für uns beide. Noch in Gedanken versunken fahre ich nach Hause; MV hat ein Bild geschaffen, dass mich nicht zur Ruhe kommen lässt.
Arthur Engelbert
Dilemma
I have known Matten Vogel (MV) for 35 years now. On Nov. 16, 2022, I headed for Jüterbog, which is where MV has his studio. From Berlin you need about an hour by car. My intention was to view new images by MV. I was immediately taken by the central painting entitled große Ür Frustration (Large Ur-frustration) which still smelled of paint. “It’s bubbling up in me all the time. I take out my anger on them.” These two sentences uttered by MV went through my head. A few large colorful gestures are arranged in clear form on a landscape format image. Unusual! Only after that can you leisurely let the color field capture you. The colorful gestures are almost all painted in a horizontal direction. The way green hues, white tones, and eye-catching browns have been chosen is quite something. “That’s like it used to be,” I find myself suddenly exclaiming. My PhD thesis, now almost 40 years old, has gained a new lease of life. Indeed, Stella, Pollock, or Twombly seem to have risen from the grave. For a large number of viewers they are now only something that can be identified. “That’s a Stella.” Attributions through calling them by their names is part and parcel of it. They unfold before my mind’s eye, while I view a magnificent painting by MV: No distractions now please. MV has produced a nuanced painting. That distinguishes him from Stella: fearlessness coupled with pictorial intelligence. “So what does the painting cost?” MV pulls out his smartphone. Each of his images is recorded. He states a four-digit figure. (To calculate the price, MV entered: height + width times the artist factor. In the final analysis, the gallerist or the art market determines the factor, be it 10 or 100 or 1,000 or 10,000 and so on. The figure that then pops out below the line is the sales price.) The small and the large format; the smaller one is of course cheaper. “You’re too cheap. You’ve already gone for times 20, for all I care times 100, too.” Which brings me back to my favorite topic, the issue of power in art. Over-expensive, neither of us want that. However, the conventional practice sadly is quite different. “We down here, and them up there‚” Semjon/gallerist, Hansa/curator, et cetera. Stella, Pollock or Twombly and others determine the art market. If works by them do actually crop up in the art market, then the figure in question is prohibitive. Unaffordable for either of us. Still lost in thought, I drive home; MV has created an image that simply refuses to let go of my mind.
Arthur Engelbert